Forschung auf dem Seeberg in Kleinmachnow
Ein Fundament des Fernsehens und der Nachrichtentechnik
Am 1.1.1937 wurde in Berlin die „Reichspostforschungsanstalt“ gegründet.
Sie war ein Kind des Reichspostministers Dr. Wilhelm Ohnesorge.
Während sie nach ihrer Gründung vor allem an den Berliner Standorten Zehlendorf und Tempelhof aufgebaut wurde, kaufte man Anfang 1937 für 2,4 Mio. Reichsmark die Hakeburg und den Seeberg in Kleinmachnow mit einer Gesamtfläche von über ½ Mio. m².
Die Hakeburg wurde nach einem aufwendigen Umbau ab 1938 Dienstsitz und private Residenz des Postministers Ohnesorge. Auf dem Seeberg wurde von 1939 bis 1943 ein Forschungsinstitut errichtet, in das ab Mitte 1942 die Arbeitsgruppen aus den Berliner Standorten einzogen. 1943 / 44 waren auf dem Seeberg ca. 900 Mitarbeiter tätig.
Die Arbeitsgebiete der Reichspostforschungsanstalt auf dem Seeberg waren:
Fernsehtechnik:
Forschung und technische Entwicklung der Fernsehgeräte und Erprobung neuartiger Breitbandkabel für die Fernsehübertragung.
Sie errichteten die ersten Fernsehsender auf dem Brocken und dem Feldberg (Taunus) und sie realisierten regelmäßige
Fernsehsendungen.
Funkmesstechnik und Radar:
Diese Forscher waren direkt für die Rüstung tätig und entwickelten Radargeräte, Raketensteuerungen, Nachtjäger-Leitverfahren und weitere Systeme.
Weitere Arbeitsgebiete militärischen Inhalts waren:
- Abhörtechnik
- Ver- und Entschlüsselung von Geheimcodes
- Infrarot-Nachtsichtgeräte
Zu den Forschungsschwerpunkten der Reichspostforschungsanstalt gehörte auch die Atomphysik. Dafür bestanden zwei Forschungsstellen:
- Institut für atomphysikalische Untersuchungen Berlin-Lichterfelde (Manfred von Ardenne)
- ein gleiches Institut in Zeuthen bei Berlin.
Nach dem Ende des Krieges 1945 wurde das Forschungsinstitut auf dem Seeberg aufgelöst und das Gelände enteignet.
Erst nach der Wende erhielt die Telekom als Nachfolgerin der Reichspost die Liegenschaft zurück.
Anders verlief die Entwicklung der Institute in Berlin-Lichterfelde und Zeuthen.
Manfred von Ardenne wirkte mehrere Jahre in der UdSSR und gründete nach seiner Rückkehr ein Institut in Dresden. Von seinen Forschungsergebnissen auf dem Gebiet der Elektronenstrahl-Technologie profitierte auch das Kombinat Elektronische Bauelemente mit der Bedampfungstechnik von Metallschichten und Chipwiderständen.
Das Institut in Zeuthen wurde das Institut für Hochenergie-Physik der Akademie der Wissenschaften der DDR.
Nach der Wende wurde es in die deutsche Forschungslandschaft integriert, es ist jetzt
Deutsches Elektronen-Synchrotron – DESY – Institut für Hochenergie-Physik Zeuthen
Fernsehtechnik in Gleitbomben
Ferngelenkte Gleitbombe Henschel HS 293 und ferngelenkter Lufttorpedo HS 294.
Diese Waffen wurden mit einer Fernsteuerung ausgerüstet, die mit einer Fernsehkamera und einem Sender in der Triebwerksspitze versehen waren. Diese Einrichtungen waren Entwicklungsergebnisse der RPF (Tonne).
Radartechnik
Die Reichspostforschungsanstalt auf dem Kleinmachnower Seeberg war federführend an der Entwicklung der gesamten Radartechnik beteiligt.
Die Partner in der Wirtschaft waren Siemens, Telefunken und Lorenz. Da die Entwicklung der höchsten Geheimhaltung unterlag, wurde entschieden, für den Begriff der "Funkmessung" bzw. für Forschungsarbeiten zur See- und Luftaufklärung mit elektromagnetischen Wellen den weniger verfänglichen und beschreibenden Begriff Dezimeter-Telegraphie zu nutzen.
Die Forschungsarbeiten von Kühnhold und der 1934 durch ihn mitgegründeten GEMA, der Gesellschaft für Akustische und Mechanische Apparate, kamen schnell und gut voran, so dass bereits im Jahre 1935 ein Gerät produziert wurde, das eine Reichweite von 20 km besaß. Da sich auch die Luftwaffe für die neue Technik interessierte, wurden spezielle Geräte zur Luftaufklärung entwickelt, die sich Freya-Gerät nannten. Hier erreichte der Prototyp 1937 bereits eine Reichweite von 200 km.
Radartechnik bei der Rakete A4
Für die Zielsteuerung der A4-Rakete (V2) war der exakte Brennschluss von großer Bedeutung. Dieser wurde wahlweise mit einer nach dem Dopplereffekt arbeitenden, aufwendigen Funkmessanlage gesteuert. Das Triebwerk schaltete sich nach dem Erreichen der Brennschlussgeschwindigkeit ab. An dieser Entwicklung war die Reichspostforschungsanstalt maßgeblich beteiligt.